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Cybermobbing geht uns alle an!

Die schulische Präventionsarbeit ist im Kampf gegen (Cyber)Mobbing elementar. Mit einer gemeinsamen Grundhaltung und verschiedenen Bausteinen, die fix und immer wiederkehrend in die Schulhauskultur eingebettet sind, steigen die Chancen, dass (Cyber)Mobbing gar nicht erst entsteht. 

Im Blogartikel werden wichtige Bausteine der Prävention genauer beschrieben und konkrete Unterrichtsvorschläge für die Oberstufe präsentiert. Denn:  (Cyber)Mobbing geht uns alle an!

 

Cybermobbing: Es hört nie auf...

Durch den Einsatz digitaler Möglichkeiten wird aus Mobbing mit wenigen Klicks Cybermobbing. Für die Betroffenen wird das Ausmass der Schikanen ungleich schlimmer. Beleidigungen und Ausgrenzungen beschränken sich dadurch nicht nur auf persönliche Kontakte mit dem Täter, sondern hören auch daheim im Kinderzimmer nicht mehr auf. Hässliche Kommentare oder wüste Beschimpfungen werden via Handy und Internet rund um die Uhr an eine unbekannte Anzahl Mitleser versendet und können das Opfer dadurch zutiefst verletzen. Cybermobbing kann jeden treffen und Menschen vernichten.

Im Rahmen des diesjährigen Safer Internet Days haben zahlreiche Institutionen das Thema (Cyber)Mobbing in den Fokus gestellt und neue Unterrichtsideen veröffentlicht.

Diese haben zum Ziel, dem Gruppenphänomen (Cyber-)Mobbing gemeinsam den Kampf anzusagen und jedem Einzelnen seine Verantwortung bewusst zu machen, denn: Jeder hat in einem Mobbingfall eine Rolle.

Cybermobbing ist keine Sache zwischen zwei Einzelnen, sondern findet stets innerhalb einer ganzen Gruppe statt, in der jeder eine Rolle einnimmt.

 

Neben Täter und Opfer gibt es Zuschauer und Mitwisser. Ihre Rolle ist nicht unbedeutend. Im Gegenteil. Zuschauer und Mitwisser, die das Handeln des Täters nicht stillschweigend akzeptieren, sondern Stellung beziehen, sich für Schwächere stark machen oder den Fall melden, werden zu Entscheidern und schwächen die Macht des Täters. Entscheider tragen wesentlich dazu bei, einen (Cyber)Mobbingfall im Keim zu ersticken oder zum Auflösen zu bringen.

 

«Mobbing kann jeden treffen. Deshalb stehe ich für andere ein, die sich nicht wehren können. Wer nichts sagt, wird selber zum Täter.»

Schülerin nach der Präventionsarbeit



6 Bausteine der Prävention

Oft ist es so, dass (Cyber)Mobbing im Verborgenen stattfindet. Wenn sich Betroffene nicht melden, hat die Lehrperson kaum eine Chance, überhaupt davon zu erfahren, weil die Täter sehr geschickt sind und das Mobben kaum je im Schulzimmer stattfindet. Daher ist es äusserst zentral, dass die Präventionsarbeit auf verschiedenen Bausteinen aufbaut und Respekt und Verantwortung gross geschrieben werden. Nachfolgend 6 Eckpfeiler der Prävention, die neben der allgemeinen Stärkung des Klassenklimas wichtig sind:

#1 Vereinbarungen treffen

Um (Cyber)Mobbing gezielt vorzubeugen, braucht es zunächst eine gemeinsame Grundhaltung aller Player an einer Schule, die (Cyber)Mobbing nicht duldet, einen respektvollen Umgang miteinander vorlebt und für Fehlverhalten Folgen vorsieht. Dabei hat sich bewährt, das Thema präventiv in allen Klassen zu behandeln und Vereinbarungen zu treffen, die alle unterzeichnen.

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Beispiel Klassenvereinbarungen
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Wir haben die Vereinbarungen gemeinsam formuliert und unterzeichnet. Jeder weiss jetzt, was bei uns gilt.

Schüler nach der Präventionsarbeit

#2 Kommunizieren zum Thema machen

 

 

 

Wie kommunizieren wir miteinander?

Wann ist welcher Wortschatz angebracht?

Was meinst du damit?

Was habe ich verstanden?

Wie verstehen das Unbeteiligte?

Welche Regeln der Kommunikation wünsche ich mir?

 

Die Umgangssprache unserer Schülerinnen und Schüler ist nichts für zarte Pflänzchen. Zwar behaupten die meisten, es wäre nichts dabei, z.B. «heb d'Frässe» zueinander zu sagen oder sich «aus Spass» gegenseitig Beleidigungen wie «du Opfer» auszuteilen.

Es empfinden aber nicht alle gleich. Was für den einen ein Spässchen ist, trifft den anderen vielleicht bis ins Mark. Das Thema Kommunizieren und die Fähigkeit, sich in andere hineindenken zu können sind daher wichige Bausteine der Prävention.

Fächerbezug: Deutsch, Die Sprachstarken 9, Thema Gespräche

Unterrichtsidee:
Schülerinnen und Schüler erstellen in Kleingruppen einen Lernfilm zum Thema «Kommunikation».

Um einen Lern- oder Erklärfilm produzieren zu können, muss das Thema so gut verstanden worden sein, dass SuS kompetent genug sind, anderen den Sachverhalt in seiner Essenz zu veranschaulichen.

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Anleitung Lernfilm
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An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an Michèle Zürcher und die S3d für die Umsetzung und gleich noch die super Umsetzung von Mischa und Andri:



#3 Begleiten statt verbieten

Das Handy gehört heute ganz selbstverständlich in den Alltag unserer Jugendlichen. Sie sind neugierig und experimentierfreudig. Sie möchten gefallen und dazugehören. Ihre Kommunikation spielt sich wechselnd in digitalen und analogen Welten ab. Es ist daher ein Trugschluss, wenn angenommen wird, dass die Gefahren der digitalen Möglichkeiten dadurch gemildert werden, wenn Handys an Schulen einfach verboten werden.

 

Weit hilfreicher ist es, die Handys so gut wie möglich in den Schulalltag zu integrieren und gemeinsam auszuloten, wo der Einsatz sinnvoll ist, welche Funktionen das Lernen unterstützen und mit welchen Strategien sich die digitale Datenflut bewältigen lässt.

 

Gemeinsame Medienproduktionen sind ein riesiges Lernfeld, bei dem Lehrperson und Schülerschaft gleichermassen profitieren können.

 

Wer je erlebt hat, wie bereitwillig Jugendliche ihr Wissen über digitale Gadgets, Apps und Programme teilen, wenn sie sich ernstgenommen fühlen, dem wird auch ohne Weiteres gelingen, mit den Jugendlichen kritische Fragen zu diskutieren und klare Regeln der Mediennutzung auszuhandeln. Denn ohne diese geht es nicht.

 

Nicht jede Handlung ist übrigens «(Cyber)Mobbing». Aber sie kann trotzdem nicht OK sein. Eine Diskussion über verschiedene Situationen und das geltende Recht schafft Klarheit und setzt Grenzen.  Das angefügte Arbeitsblatt kann als Gesprächsgrundlage zum Einsatz kommen:

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OK-nicht OK Situationen zur Diskussion
OK-nicht-OK-persoenliche Daten.pdf
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#4 Immer wieder darüber reden

(Cyber)Mobbing ist leider kein Thema, das man einmal kurz behandeln und danach abhaken kann. Dank breit lancierten Kampagnen grosser Organisationen und vielfältigen Lehrmitteln und Klassenlektüren stehen aber zahlreiche Materialien für verschiedenste Unterrichtsinputs bereit.

Klicksafe.de hat im Rahmen des diesjährigen Safer Internet Days ein brandneues Unterrichtspaket vorgestellt, das sich hervorragend eignet, über (Cyber)Mobbing zu sprechen - und zwar präventiv.

Dabei geht es in erster Linie darum, SuS zu sensibilisieren, Cybermobbing zu erkennen, nicht wegzuschauen und im Ernstfall zu handeln.

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Education_Pack_Cybermobbing_Klicksafe.pd
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Auch Myschool von SRF hält ein reichhaltiges Dossier mit Filmbeispielen bereit, um (Cyber)Mobbing anhand eines konkreten Falles zu thematisieren. Ergänzend gibt es Arbeitsunterlagen der PHZH.

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UE-er-liked-mich-cybermobbing.pdf
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Klicksafe-Videoreihe: «Ich war's»

Bekannte YouTuber berichten von ihren persönlichen Geschichten, in denen sie entweder Mobbing-Opfer, -Täter oder -Zuschauer waren. Ihre Erfahrungen zeigen, wie schnell man beispielsweise vom Opfer zum Zuschauer und auch zum Täter werden kann. Deshalb an Ende der klare Aufruf:

Hinsehen!

Hinhören!

Mund aufmachen!


Beispiele weiterer Unterrichtshilfen, Filme und Klassenlektüren zum Thema, ausleihbar in der Mediothek:



#5 Sich selber schützen

Wie funktionieren Social Media?

Warum vergisst das Internet nichts?

Habe ich weiterhin die Kontrolle über Daten, die ich jemandem digital weitergegeben habe?

Wie kann ich Privatsphäre-Optionen auf meinen Social-Media-Kanälen korrekt einstellen?

 

Mit den entscheidenen Strategien im Umgang mit persönlichen Daten kann jeder selber einiges zum persönlichen Schutz beitragen. Dieses Wissen müssen Schülerinnen und Schüler erlangen und ist so wichtig wie das korrekte Verhalten im Strassenverkehr oder der Sexualunterricht.

1-2-3-Regel

Denke einmal darüber nach, was du sagst.

Denke zweimal darüber nach, was du schreibst.

Denke dreimal darüber nach, was du veröffentlichst.

Urs Utzinger, Medienpädagoge PHLU



#6 Hilfe holen

Diese neue App (gratis für Android/iPhone) richtet sich direkt an Jugendliche:

 

Jemand hat dich übers Handy oder Internet verletzt und jetzt brauchst du Hilfe?

In kurzen Videoclips geben Tom und Emilia konkrete Verhaltenstipps und sprechen Mut zu, wenn es darum geht, gegen Cybermobbing vorzugehen. Opfer werden ermutigt, Beweismaterial zu sammeln, sich zu melden und Hilfe von aussen zu holen.

(Cyber)Mobbing kann jeden treffen!

Daneben wird in Tutorials gezeigt, wie man beleidigende Kommentare auf den bekanntesten Social-Media-Plattformen löscht, blockert oder meldet.

 

Da die Beratungsnummer der App für Schweizer Jugendliche ungeeignet ist,  sei an dieser Stelle auch noch auf die Pro Juventute verwiesen. Die Nummer 147 sollte jedes Kind kennen. Hier gibt es rund um die Uhr Hilfe.

Mobbing kannst du nicht alleine bekämpfen! Hole Hilfe bei einer erwachsenen Vertrauensperson, wenn du betroffen bist!

147.ch



Querverweise zum LP21

Zyklus 3 / Kompetenzbereich 1:
Die Schülerinnen und Schüler können sich in der physischen Umwelt sowie in medialen und virtuellen Lebensräumen orientieren und sich darin entsprechend den Gesetzen, Regeln und Wertesystemen verhalten.



Zyklus 3 / Kompetenzbereich 3:
Die Schülerinnen und Schüler können Gedanken, Meinungen, Erfahrungen und Wissen in Medienbeiträge umsetzen und unter Einbezug der Gesetze, Regeln und Wertesysteme auch veröffentlichen.



Angebote der Mediothek für die LPs Sternmatt 2

Neben einer Vielzahl thematischer Lektüren (auch im Klassensatz) sowie einem grossen Angebot an Fachliteratur und Lehrmittel, können auch individuelle Möglichkeiten gesucht oder eines der folgenden Angebote gebucht werden:

Medienproduktionen

Persönlichkeitsrechte und Regeln der Veröffentlichung sind essentielle Themen im Umgang mit der digitalen Welt. Anstatt diese nur theoretisch zu vermitteln, werden sie gleich in einer Medienproduktion angewendet.

 

Das Thema (Cyber)Mobbing wird also z.B. als Fotoroman, E-book, Lernfilm, Kurzvideo, Hörspiel oder Trickfilm umgesetzt.

 

Die individuelle Planung eines solchen Projektes erfolgt in persönlicher Absprache und ist speziell auf jede Klasse und Lehrperson zugeschnitten. Die Lehrperson/Klasse wird von mir auf Wunsch beim Vermitteln des technischen und theoretischen Rüstzeugs unterstützt und während der Produktionsphase begleitet. Eine Umsetzung ist in vielerlei Fächerkombinationen möglich.

Sehr geeignet ist auch die Kombination mit dem Präventions-Workshop «Cybermobbing».

 

Workshop Cybermobbing

In Zusammenarbeit mit der Klassenlehrperson biete ich einen Präventionsworkshop in der Mediothek zum Thema Cybermobbing an. Dieser richtet sich vor allem an SuS der 1. Oberstufe.

 

Wichtige Themen dabei sind:

- Was ist Cybermobbing?

- Jeder hat eine Rolle

- Wie kann ich mich schützen?

- Was kann ich tun, wenn ich betroffen bin?

- Wie verhalte ich mich verantwortungsvoll?

- Was ist ok, was ist nicht ok?

 

Der Workshop ersetzt das weitere Arbeiten am Thema nicht. Aber er ist eine gute Möglichkeit, den SuS aufzuzeigen, dass wir alle gemeinsam unterwegs sind und es uns wichtig ist, dass sich jeder an unserer Schule wohlfühlt.

 



Es ist trotzdem passiert: Eine Intervention wird nötig

Selbst die beste Prävention ist keine Garantie, dass kein (Cyber)Mobbing entsteht. Besonders, wenn sich die Attacken ausserhalb des Schulzimmers und bereits seit Jahren im Verborgenen abgespielt haben, braucht es mehr als präventive Bemühungen. Jetzt sind Fachpersonen gefragt. Sie haben Erfahrung damit, dass jeder Mobbingfall anders ist und die Reaktionen der einzelnen Player oft unvorhersehbar sein können.

Gemeinsam statt einsam

Mute dir als Klassenlehrperson nicht zu viel zu. Hole die Eltern mit ins Boot, informiere dein Jahrgangsteam und den Schulleiter und suche rechtzeitig Hilfe bei einer dafür ausgebildeten Fachperson, wie z.B. der Heilpädagogin oder dem Schulsozialarbeiter. Diese Fachperson übernimmt darauf die weitere Koordination. In regelmässigen Sitzungen werden gemeinsam weitere Schritte geplant und weitere Gespräche mit Einzelnen oder kleinen Gruppen geführt.

Anzeige?

Je nach Delikt kann auch eine Anzeige bei der Polizei nötig werden. (Cyber)Mobbing ist kein Kavaliersdelikt. Wenn alle Massnahmen nicht fruchten, müssen Konsequenzen folgen, die spürbar sind.

 

Auch hier gilt:
Hinschauen

Hinhören

Handeln


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Kommentare: 1
  • #1

    Christof (Mittwoch, 20 Oktober 2021 14:46)

    Vielen Dank für diesen tollen Beitrag. Leider bleibt das Thema aktuell, umso wichtiger, dass ihr da so vielfältige Materialien übersichtlich zusammengetragen habt.