Seit Sommer 2014 ist Golden Retriever Mambo als Schulhund im Einsatz an der Oberstufe Sternmatt 2 und unterstützt mich in der Mediothek.
Welche Aufgaben hat ein Schulhund überhaupt? Welche Theorien stehen dahinter und welche positiven Wirkungen werden wahrgenommen?
Ein Einblick in die hundegestützte Pädagogik und die persönlichen Erfahrungen der Schülerinnen und Schüler an der Oberstufe Sternmatt 2.
Was ist ein Schulhund?
«Manchmal kann man Tieren mehr erzählen als Menschen. Tiere schauen nicht auf die Herkunft, sondern sehen das, was jetzt ist. Das finde ich gut.»
Schülerin, 2. Oberstufe
Bilder: Schulhunde im Einsatz: Diandra, Honey, Chica, Balou und Mambo.
Schulhunde gibt es in ganz verschiedenen Formen. In diesem Artikel wird der Begriff für Hunde verwendet, die regelmässig an derselben Schule zum Einsatz kommen und den Schulalltag von Schülerinnen, Schülern und Lehrpersonen mit ihrer Anwesenheit bereichern.
Schulhunde arbeiten immer mit ihrem Halter/ihrer Halterin gemeinsam. Die beiden werden als Schulhundeteam bezeichnet. Der Einsatz des Schulhundeteams erfolgt mit einem pädagogischen Konzept und zielt darauf, alle, die es möchten, von der positiven Wirkung der hundegestützten Pädagogik profitieren zu lassen. Diese beruht vor allem auf der Tatsache, dass Hunde zur Verbesserung des sozialen Gefüges, zur Beziehung untereinander und zur individuellen sozialen Kompetenz beitragen und damit die Schulfreude deutlich erhöhen. Dies wiederum führt zu einem positiven Lernumfeld: Das Lernen fällt einfach leichter.
Lernfördernde Faktoren dank des Schulhundes
Beim Einsatz von Schulhunden kommen gleich mehrere Faktoren zusammen, die sich positiv auf das Lernklima auswirken:
Der Schulhund übt keinen Leistungsdruck aus. Er erwartet weder gute Noten, noch Markenkleider oder makelloses Aussehen. Seine Zuneigung ist bedingungslos und grundehrlich. Er freut sich einfach über die Begegnung. Damit vermittelt er neben Geborgenheit auch ein besseres Selbstbewusstsein: So, wie ich bin, bin ich gut! Die positive Grundstimmung und motivierende Atmosphäre hat zudem einen ausgleichenden Effekt: Zurückhaltende Kinder werden kommunikativer, stürmische werden ruhiger. Auch dadurch fällt das Lernen leichter.
Daneben haben wissenschaftliche Studien bewiesen, dass das Streicheln eines Hundes eine beruhigende Wirkung hat.
Artikel dazu aus «Bild der Wissenschaft»
Mehr dazu auch im nachfolgenden Film
Hunde beruhigen Kinder, Einstein 2011
«Es ist schön, wenn immer alle ruhig werden, wenn Mambo kommt»
Schüler, 1. Oberstufe
«Mambo motiviert viele und man ist viel konzentrierter.»
Schüler, 1. Oberstufe
Mambos Einsatz
An ca. zwei Tagen pro Woche ist Mambo im Schulhaus Sternmatt 2. Sein Arbeitsort ist vorwiegend die Mediothek. Beim Eingang ist gut erkennbar, wenn Mambo da ist. Seine Hauptaufgabe ist seine Anwesenheit im Raum. Seine Präsenz ist unaufdringlich und ruhig.
Wenn Schülerinnen oder Schüler den Kontakt zu ihm suchen, kann er diesen erwidern und auf sie zugehen, muss aber nicht. Dasselbe gilt für die Jugendlichen. Auch
sie können entscheiden, ob sie näher mit dem Hund zu tun haben wollen oder nicht. Entscheiden sie sich dagegen und ignorieren den Hund, findet kein direkter Kontakt statt, der Hund sucht sich
jemanden, der dies möchte. Auf der anderen Seite hat Mambo einen geschützten Platz (hinter der Ausleihtheke), wohin er sich jederzeit zurückziehen kann und ihn niemand stören darf - eine der
Regeln, die alle Schülerinnen und Schüler kennen und an die sich alle halten.
Ist der Kontakt von beiden erwünscht, darf man den Hund berühren, streicheln, mit ihm schwatzen, ihm vorlesen, den Vortrag üben, ihm vom Alltag erzählen usw.
«Ich freue mich jedes Mal, wenn ich Mambo sehe. Manchmal gehe ich nur seinetwegen in die Mediothek und ich glaube, das geht vielen so.»
Schülerin, 2. Oberstufe
Ab und zu erhält Mambo eine aktive Aufgabe, bei der Interessierte mitmachen dürfen (z.B. dem Hund einen Futterbeutel verstecken, den dieser dann finden und bringen
muss, um eine Belohnung zu erhalten oder den Hund eine Tasche apportieren lassen, in der die nächste Unterrichtsaufgabe enthalten ist etc.). Sämtliche Interaktionen laufen kontrolliert und
überwacht ab. Das Schulhundeteam bleibt immer zusammen. Es kommt deshalb nie vor, dass Jugendliche alleine mit dem Hund z.B. nach draussen gehen.
Einen Grossteil seiner Einsatzzeit verschläft Mambo aber. Für den Jöö-Effekt ist dabei aber auf jeden Fall gesorgt :)
Positive Wirkungen
Die Kernschulleitung der Schulen-Baar hat um eine Evaluation der ersten beiden Jahre «Schulhund Sternmatt 2» gebeten. Daraufhin wurden sämtliche Schülerinnen, Schüler und Lehrpersonen mit einem Fragebogen zum Einsatz des Schulhundes befragt. Im Zentrum standen dabei die Fragen, wie gross die Akzeptanz des Hundes im Schulhaus ist und ob positive Wirkungen zu spüren sind. 274 Formulare wurden zurückgegeben. Die Resultate sind verblüffend deutlich: Jugendliche und Lehrpersonen haben differenziert und sehr persönlich darüber Auskunft gegeben, was Schulhund Mambo ihnen bedeutet. Einige der Aussagen sind als Zitate in diesen Bericht eingeflossen.
Keine einzige Person im Schulhaus findet den Schulhund-Einsatz schlecht und die Anzahl derer, die vom Schulhund profitieren, liegt weit über den Erwartungen. Auffällig ist, dass es nur wenige Unterschiede zwischen den wahrgenommenen Wirkungen bei Jungs und Mädchen gibt. Damit bestätigt sich, dass ein Schulhund bei beiden Geschlechtern gleichwertig für eine Verbesserung der persönlichen Situation sorgen kann.
«Er macht meinen Liebeskummer weg»
Schüler, 2. Oberstufe
«Es fehlt etwas, wenn Mambo nicht da ist.»
Schülerin, 1. Oberstufe
«Mambo bringt einen einfach zum Lachen, auch wenn man einen schlechten Tag hatte. Ein Hund unterstützt einen einfach.»
Schülerin, 1. Oberstufe
Kann jeder Hund ein «Schulhund» werden?
Kann der Hund bereits als Welpe in der Schule mit dabeisein, kennt Gebäude, Gerüche und Geräusche seines Einsatzortes, weiss, wie Kinder und Jugendliche sich verhalten und erfährt, dass er sich dabei immer auf «seinen» Menschen verlassen kann, ist dies die optimalste «Lehrzeit», bevor eine spezifische Ausbildung angestrebt werden kann und ständige Weiterbildungen, bzw. Hundetrainings dafür sorgen, dass das Schulhundeteam stetig am Ball bleibt.
Und ganz wichtig: Hinter jedem gelungenen Schulhund-Projekt steht mit Vorteil ein Konzept, das gut vorbereitet und durchdacht an den jeweiligen Einsatzort und das geplante Setting angepasst worden ist. Nur wenn Schulleitung und Schulteam (Lehrerschaft, Hauswartsteam etc.) das Projekt auch wirklich unterstützen, kann es sein gesamtes Potenzial entfalten. Der Schulhund ist dann nicht einfach ein Hund, der mitgenommen wird, sondern ein anerkanntes Mitglied des Schulteams mit einem klar definierten pädagogischen Auftrag.
«Er hat uns Kinder gerne und wir ihn auch.»
Schülerin, 1. Oberstufe
Mehr zum Thema Schulhund auf
Weder Rasse noch Grösse oder Farbe entscheiden darüber, ob ein Hund geeignet ist. Vielmehr sind es bestimmte Eigenschaften und Charaktermerkmale, die ein Hund mitbringen sollte:
o menschenbezogen
o freundliches Wesen
o ruhig
o wesensfest
o ausgeglichen
o gehorsam
Das Entscheidenste ist aber, dass das Schulhundeteam eine sehr enge Beziehung hat, sich gegenseitig sehr gut kennt, viel Zeit miteinander verbringt und gut aufeinander eingespielt ist.
«Durch Mambo ist das Sternmatt 2 eine spezielle Schule. Er zaubert allen ein Lachen ins Gesicht. Er gehört einfach dazu.»
Schülerin, 1. Oberstufe
Bücher zum Thema:
und hier gehts zum Mambo-Schulhund-Blog
Fazit
Ein Schulhund kann eine grosse Bereicherung für ein Schulteam und die Lernenden sein. Es bedarf aber einer guten Vorbereitung und Planung des Einsatzes und viel Fingerspitzengefühl, um allen Bedürfnissen gerecht zu werden.
Im Beispiel «Schulhund Sternmatt 2» zeigt sich, dass die Wirkungen noch viel grösser sind als erwartet und Jugendliche sehr offen auf das Angebot zugehen und gern davon profitieren. Mambo schafft es tatsächlich, dass nur dank seiner Anwesenheit, der Schulalltag für über 100 Jugendliche schöner ist! Ich kenne kaum eine Lehrperson, der dies gelingt ;)
Die Evaluation macht deutlich, dass Mambo an der Oberstufe Sternmatt 2 viel Freude bereitet, das Lernen erleichtert und wir nicht mehr auf ihn verzichten möchten.
Kommentar schreiben
Antonia Nussbaumer (Montag, 09 Mai 2016 09:21)
Liebe Claudia
Ich finde die Form (Bericht, Grafik, Bilder, Filme und Zitate) der Auswertung sehr ansprechend. Beim Durchlesen spürt man dein Herzblut und die Ergebnisse überzeugen jeden und jede! Gratuliere, mega tolle Arbeit!
Gruss
Antonia
Heinz Lötscher, Schulsozialarbeit Baar (Montag, 09 Mai 2016 13:21)
Der Bericht finde ich sehr gut.
Der Schulhund Mambo und wie es Claudia macht, finde ich einfach Spitze und sehr professionell !
Gruss
Heinz
alain gantenbein, sek I solothurn (Donnerstag, 12 Mai 2016 19:00)
Was Claudia auch immer anpackt, es hat Hand und Fuss. Wieder ein Beispiel einer pädagogischen Idee, welche nur dann funktioniert, wenn der Mensch auch über die entsprechenden Fähigkeiten verfügt! Das Konzept ist nur dann (1 : 1) übertragbar, wenn der Pädagoge / die Pädagogin über die wichtigsten pädagogischen Fähigkeiten verfügt und die sind: Engagement, Menschlichkeit und Kompetenz und über das alles verfügt Claudia! Bravo zur neuen Idee!
ps: Im ersten Moment dachte ich an einen Scherz :-)