Die Jugend von heute lebt in einer digitalisierten Welt und ist mit wenigen Klicks mitten im Pornoland.
Vom aktuellen Justin Bieber-Hit bis zur Werbung für einen
Bodenbelag: Machohafte Zuhälter und willige Frauen in Reizwäsche dominieren die Szenen. Wie gehen Jugendliche damit um? Ist die Sorge um die «Generation Porno» berechtigt und sind
Heranwachsende wirklich versext und verroht?
Die Sendung Einstein hat das Thema genauer untersucht. Im Blogartikel findest du neben dem Filmbeitrag Ergänzungen, Unterrichtsmaterialien und weiterführende Links zu einem wichtigen Thema.
Zahlen
51% aller 16-17-Jährigen haben schon einen Porno gesehen.
¾ davon sind Jungs.
17 Jahre alt sind die Jugendlichen durchschnittlich beim «ersten Mal».
Dabei verhüten immerhin 89% mit einem Kondom.
ganze Sendung - Einstein vom 17.9.2015
Themenschwerpunkte
Sexting - Selbstdarstellungen, die ungewollt unvergesslich bleiben
Sex im Netz ist für Jugendliche das Normalste der Welt. Nicht so in der Welt der Erwachsenen, wo das Sprechen über den Konsum von expliziten Inhalten für viele ein Tabu ist. Viele Jugendliche sind neben Konsumenten auch Produzenten und verschicken munter erotische Selbstdarstellungen. Sexting heisst das weltweite Phänomen, das im intimen Rahmen stimulierend wirken und für Aufmerksamkeit sorgen soll. Doch immer wieder sorgt Sexting für negative Schlagzeilen. Dann nämlich, wenn die Bilder aus Unachtsamkeit oder Böswilligkeit an die Öffentlichkeit geraten. In den USA gibt es bereits Selbsthilfegruppen für Betroffene. Und immer öfter wagen diese sich auch an die Öffentlichkeit, um von den beschämenden Erfahrungen zu berichten.
Mehr zum Thema: Blogartikel Sexting
Surfverhalten von Kids & Teens
Vor allem Jungs konsumieren Pornos - und das teilweise seit frühester Jugend. Ein US-Forscher hat nun erstmals das Surfverhalten von Kindern und Jugendlichen untersucht, indem er den
Internet-Anschluss von 600 Familien (mit deren Einwilligung) angezapft hat. Erste Ergebnisse zeigen, dass Jugendliche immer öfter Filme mit extremen Sexualpraktiken konsumieren, in denen häufig
Sex und Gewalt kombiniert vorkommen. Sex-Brutalos scheinen auf Jugendliche eine bizarre Anziehungskraft zu haben. Je extremer der voyeuristische Kitzel, desto mehr wird darüber unter Jugendlichen
gesprochen. Die US-Studie scheint darauf hinzuweisen, dass Jugendliche aufgrund dieser Bilder dazu neigen, immer extremere Sexualpraktiken auch selber auszuprobieren. Grund zur Besorgnis?
Offenbar nicht. Fachstellen für Jugendliche, wie z.B. S&X erleben die
grosse Mehrheit junger Frauen und Männer als selbstbestimmte Teenager, die für sich selber entscheiden wollen und können, was sie möchten und was nicht.
Zwischen Schmusen und Sexting
Wie erleben heutige 15-Jährige ihre Sexualität? Was sind ihre Ängste? Wovon träumen sie? Zwischen WhatsApp und Snapchat kommt der erste Kuss und eigentlich weiss niemand so recht, wie das
geht.
6 Teenagerinnen aus Schmerikon erzählen in der Sendung, wie sie mit Scham, Schmusen und Sexting umgehen. Schnell wird klar: Über den rechtlichen Aspekt und die Folgen unbedarften Tuns wissen die
Wenigsten Bescheid.
Die Fachstelle Sexualpädagogik Zürich lustundfrust bietet eine hilfreiche Zusammenstellung zum Thema Sex und Gesetz
Hier werden konkrete Fragen beantwortet wie z.B.
Darf eine 18-Jährige mit einem 14-Jährigen eine sexuelle Beziehung eingehen?
Was ist eine sexuelle Nötigung?
Seit dem 1. Juli 2014 ist der sogenannte Pornografie-Artikel 197 StGB überarbeitet worden. Eine Zusammenstellung der Seite schaugenau.ch
zeigt auf, dass sich Jugendliche häufig im Graubereich tummeln oder sich zu Straftaten hinreissen lassen. So ist z.B. vielen nicht bewusst, dass das Versenden von pornografischen Bildern an unter 16-Jährige strafbar ist.
Der neue Körperkult
Noch nie in der Geschichte der Menschheit war der Körperkult ein Massenphänomen wie heute. Junge Menschen müssen schön, schlank und sexy sein. Nur wer diesem Ideal entspricht, generiert
Aufmerksamkeit – und damit Erfolg.
In allen Gesellschaftsbereichen ist ein perfekter Körper zum Kapital geworden, zum Schlüssel für Erfolg, an dem sich auch Jugendliche messen müssen. Der jugendliche Körper wird zum Fetisch, muss haarlos, muskulös und gestrählt daherkommen und darf keine biografische Spuren zeigen. Diätwahn, Fitnesswahn und eine Popkultur, die stark von der Pornoindustrie beeinflusst ist, sind die Folgen. Der ständige Vergleich mit den in der Werbung und Videoclips dargestellten Bodys wirkt auf die Jugendlichen überfordernd. Gleichzeitig löst die Enttabuisierung von Sex und Erotik aber auch eine Befreiung aus, wie dies in der Schweiz bereits nach dem Pornoverbot von 1971 der Fall gewesen ist.
Vom Pornografieverbot bis zur Sexwelle - ein Blick zurück
1971 fiel das Schweizer Pornografieverbot und erste Sexshops wurden eröffnet. Schluss mit den Zollbeamten der 60er-Jahre, die bei der Grenzkontrolle noch gezielt Jagd auf Sexheftli machten! Jetzt gab es Abbildungen von nackter Haut ganz legal an jedem Kiosk zu kaufen. Und schon damals warnte man vor einer möglichen Sexualisierung der Jugend. Eine regelrechte Sexwelle überflutete die Schweiz und führte zu einer landesweiten Debatte über die Aufklärung der Heranwachsenden. Es stellte sich heraus: Viele Eltern fühlten sich überfordert. Sexuelle Aufklärung der Jugendlichen wurde deshalb an Pfarrer (!) oder Lehrer weiterdelegiert, die «die richtigen Worte» besser fänden und damit zum Pflichtstoff in Schulen.
In den 80ern und 90ern-Jahren war Erotik zwar noch nicht auf einen Klick aufrufbar, doch über Sexshops und Postversand konnte man auch damals schon problemlos an entsprechendes Material
herankommen.
Ist die Jugend verroht?
Lukas Geiser, Dozent für Sexualpädagogik an der Pädagogischen Hochschule Zürich, hat eine der wenigen repräsentativen Studien über den Porno-Konsum von Jugendlichen in der Schweiz gemacht. Für Jugendliche ist der Umgang mit neuen Medien Alltag. Doch hat sich durch den kinderleichten Zugang zu Pornos nichts verändert? Lukas Geiser gibt Entwarnung: Die meisten Jugendlichen können die Realität von der Fiktion gut unterscheiden.
Referat von Lukas Geiser, Verfasser der Studie «Voll Porno» 2012, UNM-Tagung:
Weitere Unterrichtsmaterialien und Tipps zum Thema
Aufklärungsfilme: Sex, we can!
Diesen Tipp habe ich von meiner Freundin Antonia erhalten: Ein umfangreiches Medienpaket, das auf drei Filmepisoden aufbaut und Jugendlichen die Chance gibt, sich dem Thema 'Sexualität und
Aufklärung' verstärkt und unaffektiert zu widmen. Die Filme bestechen dadurch, dass sie alle Ängste und peinlichen Szenen, die im Zusammenhang mit der jugendlichen Sexualität auf den Tisch
bringen und mit den falschen Vorstellungen aufräumen, die Jugendliche via Pornofilme vom Kennenlernen und dem Ersten Mal haben.
Link zum SRF-Material zum Thema «Erste Liebe»
Dokfilm Puff mit Sex und Liebe (DOK 2009)
Immer jünger und hemmungsloser, das Bild der sexuell entfesselten Jugend ist nicht auszurotten. Wie geil muss das Aussehen sein, wie schamlos das Benehmen, wie wild der Sex? In DOK erzählen
Jugendliche, wie sie im Durcheinander von Fiktion und Realität ihre Sexualität entdecken. Die Kamera begleitet sie an die Schauplätze, wo sie sich vergnügen, Sex und Liebe suchen und manchmal
auch finden.
Hinweis: Alle Filme dieses Blogartikels sind zusätzlich auf der Plattform von nanoo.tv abgelegt.
Der Lesetipp aus der Mediothek
Make Love - ist DAS Aufklärungsbuch, das in der Mediothek mit Sicherheit am häufigsten gelesen und dabei dennoch kaum ausgeliehen wird ;)
Unverkrampft und offen erfahren Leserinnen und Leser, dass erfüllter, liebevoller Sex nichts mit den Inszenierungen der Pornoindustrie zu tun hat.
Das Buch ist ein Leitfaden für junge Menschen, den eigenen Körper zu entdecken, Unsicherheiten zu überwinden, gemeinsam Spass zu haben und hilft, eigene Wünsche, aber auch Grenzen zu definieren.
Und übrigens: Das neuste Bravo-Heft mit den legendären
Dr. Sommer-Beratungsseiten gibt's alle zwei Wochen, immer donnerstags in der Mediothek.
Feel ok - aufwändige Seite für Jugendliche zum Thema Sexualität
für Lehrpersonen sind verschiedene Arbeitsmaterialien verfügbar.
Presseartikel
Das Internet befreit sexuell - und das ist gut so! Die Welt vom 18.6.2015
Den ersten Sex sehen Jugendliche nicht im Internet Tagi-Artikel vom 22.4.14
Die Jugend und ihr Sex Migros-Magazin vom 27.1.2014
Vorsicht Sexting NZZ vom 11.5.2014
Elternratgeber - Sexualität und Internet
saferinternet.at hat für Eltern eine hilfreiche Broschüre zusammengestellt:
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